Bei unserer Abfahrt von Uyuni am nächsten Tag konnten wir noch einige Kilometer über den Salar mit dem Rad fahren, bevor es endgültig auf die „Piste“ ging.

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Die nächsten Tage sind die Härtesten unserer Reise. Für eine Strecke von „nur“ knapp 200 km (welche wir zuhause mit dem Rennrad auch schon mal gerne an einem Tag zurücklegten) brauchen wir 4 Tage. Der Untergrund wechselt von steiniger Piste zur Waschbrettpiste bis hin zu 10 cm tiefen Sand, wo nur noch schieben möglich ist. Bei knapp 45 kg Gewicht ein mühsames Unterfangen und wir können pro Stunde manchmal nur 5 km zurücklegen.

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Die Nächte im Zelt sind deutlich unter Null Grad, am nächsten Morgen sind alle Wasserflaschen und -Behälter restlos gefroren. Die Atemluft friert an der Zeltinnenwand und rieselt am Morgen als Schnee auf einen herab.

Zwischen Uyuni und Chita ist die Landschaft fast flach, wenn man sich umdreht kann man den großen Salzsee noch am Horizont erkennen. Kurz bevor es dunkel und kalt wird entschließen wir uns gerade noch rechtzeitig zum Campen in einem ausgetrockneten Flußbett.

Der zweite Tag auf der Piste bringt uns wieder viel Sand. Chita stellt sich als verlassenes Nest heraus, wo es keine Lebensmittel zu kaufen gibt. Gut daß wir zusätzlich zu den Trinkflaschen noch große Wassersäcke dabei haben. Wir kommen nur langsam voran. Nach den letzten Monaten auf dem Rennrad ist dieses Schneckentempo mit manchmal unter 10 km/h eine ziemliche Umgewöhnung. Rio Mulato kann man schon in einer flachen Talsenke erkennen, doch in diesem Gelände und bei der klaren dünnen Luft sind Entfernungen nur schwer einzuschätzen.  Leider wird es abends wieder viel zu schnell dunkel und wir müssen mit spärlicher Beleuchtung und eisiger Kälte die letzten 5 Kilometer über die holprige Piste zu den Lichtern des Dorfs finden. Dort werden wir in der einzigen Herberge im Ort, die auch gleichzeitig Restaurant ist, gut aufgenommen und mit einem ordentlichen Essen und warmen Mate-Tee versorgt. Die Gäste schauen uns an, als wenn wir vom Mond kämen.

flussdurchquerungTags drauf können wir unsere Vorräte wieder auffüllen und kämpfen uns anschließend durch das härteste Stück des Weges. Die Fahrspur ist mit 10 cm tiefem Sand bedeckt, so daß wir immer wieder längere Passagen schieben müssen. Als wir uns später vom Flußbett lösen wird es steiniger, aber wenigstens kann man hier fahren. Bei Sevaruyo müssen wir einen Fluß durchqueren. Der Ort muß wohl in früheren Zeiten bedeutender gewesen sein, doch jetzt ist es ein verlassenes Nest ohne Übernachtungsmöglichkeiten. Wir entschließen uns ein paar Kilometer aus dem Ort herauszufahren und dann auf einem Feld am Fuß eines Bergs unsere Zelte aufzuschlagen. Schnell essen wir mit der untergehenden Sonne um die Wette.

zeltlager2Für den vierten Tag haben wir uns vorgenommen Challapata und damit die Teerstraße zu erreichen. Wir radeln den ganzen Vormittag einem Gebirgszug entgegen,  immer wieder gebremst durch tiefe Sandpassagen und steiniger Piste. Nach fast 20 km erreichen wir ein paar Sanddünen und können unseren Berg, an dem wir morgens gestartet sind, noch gut erkennen.

Wir treffen einen deutschen Touristen, der in einem Jeep unterwegs ist. Er sagt uns, daß gleich die Asphaltstraße beginnt. Was für eine Erlösung, als wir endlich wieder eine feste Teerdecke unter unseren Reifen spüren. Wir lassen es mal richtig rollen und sich vergleichsweise schnell in Challapata. Die Stadt ist schon etwas größer, hat aber auch keinen besonderen Charme. Nach langem Suchen finden wir ein Hospedaje in einem Hinterhof.

rueckblick asphalt
Der Bus setzt mich an der Panamericana ab, von hier aus sind es noch 6 km bis nach Pisco, der Himmel ist grau, das Verkehrsaufkommen ist groß, aber es gibt einen Radweg, der Erste den ich hier in Südamerika sehe. Die Stadt ist häßlich mit dem typischen Charme von umherfliegendem Müll, halbfertigen Häusern und nicht-asphaltierten Straßen. Ich beschließe weiter Richtung Paracas zu fahren, dort soll es schöner sein. Vorbei an einem Militärflughafen, Ölfirmen und diversen Industriebetrieben, welche hier mitten im Wüstensand auf der einen und der Pazifikküste auf der anderen Seite stehen. Nach 25 km habe ich den Ort erreicht, wie eine Oase liegen die kleinen Häuschen am Rand der Küstenwüste. Es gibt sogar eine Strandpromenade und die Sonne zeigt sich am Himmel.
paracas

Ich habe mir vorgenommen diesmal etwas mehr Geld anzulegen und dafür ein besseres Hotel zu nehmen, schließlich sind es meine letzten Urlaubstage und ich möchte noch ein wenig entspannen. Leider ist das von mir anvisierte Hotel voll belegt, ein junger gut englisch sprechender Angestellter führt mich aber ein paar Straßenecken weiter zu einem anderen Gebäude, welches wohl zum selben Hotel gehört. Dort komme ich unter. Leider ist heute der Nationalfeiertag und viele Peruaner nutzen das für ein verlängertes Wochenende am Meer. Die Hotels nutzen diesen Zeitraum um ihre Preise zu verdoppeln. Ich buche auch gleich noch eine Bootsfahrt zu den Islas Ballestas für den nächsten Tag.
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Am nächsten Morgen starten wir schon sehr früh mit einem Schnellboot vom Hafen aus, mit uns viele andere Boote, aber nicht ohne noch eine spezielle "Hafengebühr" zu entrichten. Eine halbe Stunde später erreichen wir die Islas Bellestas. Auf diesem Archipel hatte man früher Guano, ein beliebter Dünger aus Vogel-Dung, abgebaut. Bei den großen Mengen von Seevögeln welche auf diesen Inselchen nisten, kein Wunder. Es sind Pelikane, Möwen, Tölpel und andere Seevögel zu sehen. Auch Seelöwen und Pinguine konnte ich beobachten. Nach 2 Stunden sind wir wieder an Land. Scheinbar ist es hier morgens immer nebelig, denn gegen Mittag kam die Sonne wieder heraus. Den Rest des Tages verbringe ich damit, meine morgige Busfahrt nach Lima zu organisieren und am Strand in der warmen Sonne zu entspannen.
pelikane    paracas_strand    sonnenuntergang

abflug1Unsere Ankunft in Chile gestaltet sich schwierig. Nach ca. 19 Std. Flug (einschließlich Aufenthalt in Madrid) haben wir den Kaffee auf. Dazu kommt noch die Zeitverschiebung um 6 Stunden. Doch nun heißt es durch den Zoll und dann erneut Einchecken zu einem Inlandsflug, denn wir wollen ja noch gut 1400 km weiter nördlich nach Antofagasta. Um sich gleich mit der südamerikanischen Mentalität vertraut zu machen, wird hier noch mal schnell eine Gebühr für den Radtransport erhoben. Dann heißt es wieder warten, der Flug geht erst in 4 Stunden. Nach weiteren 3 Stunden mit Zwischenlandung in La Serena kommen wir endlich in Antofagasta an. Wir konnten aus der Luft schon einen ersten Eindruck von der angeblich trockensten Wüste der Welt, der Atacama, gewinnen. abflug2Leider liegt der Flughafen von Antofagasta noch ca. 25 km entfernt und da wir ja unsere großen Kartons mit den Fahrrädern dabei haben, ist an einen Minibus, oder normales Taxi nicht zu denken. Wie wir da so vor dem Flughafen stehen werden wir gleich von 2 Damen angesprochen, die für uns ein Großraumtaxi besorgen. 50 $ (US-Dollar ist in Südamerika die heimliche Währung) will man uns für die Fahrt in die Stadt abnehmen. Nach ein wenig (zu wenig) Handeln bezahlen wir 40 $ und helfen dem Taxifahrer beim Einladen unserer 30 kg schweren Kartons. Nach einer kurzen Fahrt, links wüstenähnliche Landschaft mit großen Sandhügeln im Hintergrund, rechts die brausenden Wellen des Pazifiks, erreichen wir die ersten Ausläufer der 300.000 Einwohner Stadt.

Der Taxifahrer setzt uns wie gewünscht am Busterminal am Rande der Stadt ab, denn wir wollen ja heute noch nach Calama. Benedikt kauft 2 Bustickets und es scheint alles klar zu sein. Noch mal 2 Stunden Wartezeit und dann fährt der Bus am Terminal vor. Wir schieben unsere riesigen Kartons Richtung Gepäckklappe. busterminalDer Busfahrer sieht uns und winkt direkt ab, die Kartons könnte er nicht mitnehmen. Damit ist der Fall für ihn erledigt und er läßt uns draußen stehen, steigt in den Bus schließt die Türen und fährt los nach Calama. Unsere zweite Begegnung mit der südamerikanischen Mentalität. So langsam bricht hier der Abend an, in Deutschland ist bereits tiefste Nacht und wir wollen nur noch schlafen. Also, was haben wir für eine Wahl, wir schieben unsere Kartons an den Rand, packen aus und bauen unten den ungläubigen Blicken der Einheimischen am Terminal routiniert unsere Räder zusammen. Radtaschen werden eingehängt, Lampen angebracht, denn es wird jetzt schnell dunkel. karton Das ganze Verpackungsmaterial schieben wir in einen Karton, stellt sich nur noch die Entsorgungsfrage. Also fragen wir. Man empfiehlt uns den Karton einfach um die Ecke herum abzustellen. Wir verstehen erst nicht, wir können doch unseren Müll nicht einfach auf der Straße stehen lassen, der Bedienstete des Terminals zuckt mit den Achseln. Das scheint hier niemanden wirklich zu interessieren. Dann fragen wir nach einem bestimmten Hostal und machen uns auf den Weg in die Stadt. Es ist bereits stockdunkel und wir haben nur eine wage Vorstellung, wohin wir fahren müssen. Irgendwann erreichen wir eine Art Stadtzentrum und fragen uns weiter durch. Überall sind Menschen, die wild durcheinander rennen, es ist laut, Autos hupen ständig, man muß aufpassen, daß man nicht angefahren wird. Das anvisierte Hostal können wir nicht finden. Zuguterletzt kommen wir aber doch noch unter. Völlig entnervt ziehen wir nocheinmal los, um einen Geldautomaten zu finden und ein paar Lebensmittel einzukaufen. Dann kommen wir endlich zur Ruhe.

amerikaradlerAls ich am nächsten Tag aufbrechen will, gibt es erstmal einen Hagelschauer. Die Leute vom Hostal versichern mir, daß es sowas das letzte Mal vor 5 Jahren gegeben hätte. Trotzdem packe ich meinen Drahtesel und mache mich auf den Weg. Heute wollte ich die Grenze zu Peru überschreiten und morgen Puno erreichen. Der Grenzübergang gestaltet sich schwierig, zunächst muß man sich auf bolivianischer Seite einen Ausreisestempel im Amt für Migration holen um dann auf der anderen Seite in Peru ein Einreiseformular auszufüllen. Stempel in den Pass und es kann weiter gehen. Leider finde ich in der peruanischen Grenzstadt keinen Geldautomaten und so reise ich mit nur den wenigen am Vorabend in Copacabana getauschten „Nuevos Soles“ weiter. Nach einer halben Stunde kommen mir 2 Radler entgegen. Man hält an und tauscht Informationen aus. Die beiden (er Australier, sie aus den Niederlanden) kommen aus Alaska und wollen noch runter nach Feuerland, dazu sind sie schon 2 Jahre unterwegs. Ich schäme mich ein wenig, daß ich zu Hause wegen meiner 5 Wochen am ganz großen Rad gedreht habe. Die beiden sehen es locker und schenken mir noch ein wenig peruanisches Geld, welches sie nicht mehr benötigen. Wir teilen meine Kekse und sitzen noch eine halbe Stunde zusammen und quatschen. Gut das ich die paar Soles noch bekommen habe, denn bis Puno gab es leider keinen Geldautomaten, zur Not hätte ich aber meine Dollar tauschen können.

gewitterfrontNach einer weiteren Stunde Fahrt verschlechtert sich das Wetter und zu dem schon stark blasenden Gegenwind gesellt sich eine Sturmfront, die sich schnell über den See nähert. Anfangs denke ich noch ich könnte mit Schieben weiterkommen, doch dann reißt der Orkan mir fast das Rad aus den Händen. Schnell flüchte ich mich unter einen Felsvorsprung und warte das Ende der Front ab. Nach einer Viertelstunde ist alles vorbei und ich kann weiterfahren. gewitterfront_wegHmm, die Wetterstatistik sagte für Juli genau einen Regentag voraus, den habe ich dann heute wohl erwischt. Kurz vor dem Ort Juli (welch Ironie, der Ort heißt wirklich so!) gibt es noch mal einen richtigen Schlussanstieg auf über 4000 m.ü.M. und ich muß die letzten Körner verbraten.

Auf Empfehlung der beiden Radler, suche ich ein bestimmtes Hospedaje. Eine alte huzelige Peruanerin macht mir das Tor auf. Alter ist nicht zu schätzen, wahrscheinlich sehen die Menschen aufgrund der Witterungsbedingungen und der stärkeren Sonneneinstrahlung hier älter aus als sie sind. Nach einem "Gespräch" mit Händen und Füßen (mein Spanisch ist einfach schlecht) bekomme ich ein schönes Zimmer, welches in Deutschland sofort von den entsprechenden Behörden geschlossen worden wäre, aber nach den letzten Wochen bin ich ja einiges gewohnt und freue mich über die Windstille und die lauwarme Dusche. Die gute alte Senora läßt mich sogar in ihrer Küche von mir mitgebrachte Pasta kochen. Dazu gibts dann einen ordentlichen Mate de Coca (Tee), einfach Klasse, da fühlt man sich gleich besser. So gestärkt verbringe ich den Rest des Tages (es ist erst 19:00, aber schon stockdunkel und sehr sehr kalt) und die Nacht in meinem warmen Schlafsack.

Am nächsten Morgen bemerke ich, daß die Sonne schon aufgegangen ist, mein Wecker aber erst in einer Stunde schellen sollte. Ah ja, Peru hat dann wohl eine andere Zeitzone. Es ist Sonntag, alle Geschäfte haben auf, LKWs auf den Straßen, eigentlich alles wie immer, nur einige Leute sind schicker gekleidet als sonst. Juli hat natürlich keinen Geldautomaten und nach der Übernachtung (20 Sol = 5 EUR) bleiben mir nur noch Dollares und ein paar Sol Kleingeld.

autowaescheGenial, es ist fast windstill, ich rolle mit fast 20 km/h die Straße entlang. Doch die Freude hält nicht lange an, irgendwann am Vormittag ist er wieder da, mein größter Feind. Sofort reduziert sich meine Geschwindigkeit wieder auf ein Maß, daß es mir schwerfällt den Lenker gerade zu halten. Im nächsten größeren Ort gibt es dann endlich eine offene Bank. Riesige Schlangen überall (es ist Sonntag!), man verweist mich auf den Geldautomaten, der will aber keine Mastercard. eselundbergeAlso schwinge ich mich wieder vor den Augen der staunenden Peruanern auf meinen Drahtresel und weiter geht's. Unterwegs wieder das gleiche Spiel, wie seit 3 Wochen: Kleine Jungen rufen mir immer wieder von den Feldern "Hola Gringo, hola Gringo" zu. Ich versuche zwar des öfteren richtig zu stellen "No soy Gringo, soy Aleman", aber das scheinen sie nicht zu verstehen. Jedes vorbeifahrende Auto hupt einen an, unabhängig, ob die Straße frei ist oder nicht. Da wünsche ich mir schon mal eine Presslufthupe, wie sie bei den Fußballfans beliebt ist.

odeeundradDie heutige Tour war alles andere als vergnüglich, ich habe den ganzen Tag für die 80 km bis Puno gebraucht, mit einem Schnitt von 12-13 km/h (netto). Aber zu guterletzt habe ich Puno erreicht, eine etwas größere Stadt, die auch touristisch erschlossen ist. Nach einem Besuch der Tourist-Information (zum ersten Mal sehe ich sowas hier!) empfiehlt man mir das schöne Biker-freundliche Hotel Velana, in dem ich sehr nett empfangen werde. Es gibt einen abgeschlossenen Raum für mein Rad und das Zimmer hat ein Bad mit einer wirklich heißen Dusche ohne Gefahr gegrillt zu werden. Anschließend finde ich sogar einen funktionierenden Bankautomat und bin jetzt erstmal wieder flüssig. In einem netten Restaurant bestelle ich mir ein leckeres Alpakasteak in Wermutsauce, exzellent!

Cusco, die ehemalige Hauptstadt des Inkareiches, ist heute eine Metropole im Zentrum des peruanischen Andenhochlandes mit etwa 320.000 Einwohnern. Die vielen in der Umgebung liegenden Sehenswürdigkeiten und Ruinen aus der Inkazeit machen sie zum Anziehungspunkt der Touristen. Deshalb sind die Preise für Lebensmittel, Dienstleistungen und Eintritte zu den Sehenswürdigkeiten im Vergleich zum sonstigen Land exorbitant hoch.
Den nächsten Morgen beginne ich nach einem ausgiebigen Frühstück ersteinmal damit Mails zu schreiben, denn das Hospedaje hat einen PC mit freiem Internetzugang. Den hatte ich seit Puno nicht mehr. Endlich mal wieder Zugang zum Rest der Welt. Dann war Touristisches angesagt, wenigstens die wichtigsten Sehenswürdigkeiten wollte ich mir heute ansehen. Auf dem Weg zum Stadtzentrum habe ich dann noch gleich meine Wäsche im Waschsalon abgegeben, die hatte es auch nötig.
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Von der Plaza de Armas aus gehe ich zunächst in das privat geführte Inka-Museum. Der Eintritt ist hier nicht so teuer und es war durchaus lohnenswert. Eine weitere Sehenswürdigkeit ist die Ruinenstätte Saqsayhuamán oberhalb von Cusco auf einem Hügel gelegen. Nach einem langen Fußmarsch eröffnet man mir an einem Kassenhäuschen, daß der Eintritt 70 Soles (fast 20 €) beträgt, für hiesige Verhältnisse ein Vermögen. Nun bin ich einmal hier oben, also zahle ich zähneknirschend und darf passieren. Als Bonbon kann ich jetzt mit dem Ticket auch noch einige andere Ruinen besuchen, die aber 5 km entfernt in den Bergen liegen, so daß ich sie unmöglich heute noch zu Fuß erreichen kann. Kaum habe ich einen Fuß auf das Gelände gesetzt, kommt schon ein junger Mann auf mich zu und bietet sich für 20 Soles als Reiseführer an mir die Ruinen zu erklären. Ich lehne dankend ab.
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Die Ruine der Inkafestung Saqsayhuamán ist eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten aus der Inkazeit. Die Mauern der Festung bestehen aus riesigen Steinen (der Größte mißt angeblich 9 x 5 x 4 Meter), welche so bearbeitet wurden, daß sie nahezu fugenlos aneinander passen.
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Ich laufe längere Zeit zwischen den Steinblöcken hin und her, bis ich an einen schönen Aussichtspunkt gelange, hier hat man einen sensationellen Blick über den Talkessel von Cusco. Erinnert mich irgendwie an ein La Paz im Miniaturformat. Man kann von hier oben genau sehen, wo das alte spanische Viertel liegt und das neue Stadtgebiet drumherumgewuchert ist. Auch wird hier ersichtlich, daß der Flughafen fast mitten in der Stadt liegt.
Dann wandere ich noch auf den benachbarten Hügel, auf dem eine Christusstatue (Christo Blanco) mit ausgebreiteten Armen steht, eine verkleinerte (ähnliche) Version des „Christo Rendentor“ aus Rio de Janeiro.
compania_de_jesusWieder zurück auf dem Plaza de Armas laufe ich kreuz und quer durch die Innenstadt. Es gibt hier sogar eine Fußgängerzone und einen Supermarkt, den ersten seit La Paz. Natürlich sind die Preise den Touristenströmen aus den westlichen Industrieländern angepasst. Noch einen Besuch in der Kirche „La Compañia de Jesús“, diese ist sehr schön, mit typischem schmuckvollen Hochaltar, wie ich sie auch aus Spanien kenne. Aus den Türmchen hat man noch einen schönen Blick auf die Plaza de Armas.
Auf dem Rückweg zum Hospedaje hole ich noch meine Wäsche ab. Sie ist schön sauber und duftet gut, welche ein Genuß. Abends gehe ich wieder mit dem deutschen Pärchen Essen.
urus_inseln Für Puno habe ich mir aufgrund der touristischen Ziele 2 Übernachtungen vorgenommen. Nachdem es ja in Copacabana wegen des schlechten Wetters mit dem Bootsausflug nicht funktioniert hat, buche ich im Hotel eine Bootstour zu den "Islas de los Uros" und zur "Isla Taquille" auf dem Titicacasee. Morgens gegen 6:45 Uhr werde ich von einem Minibus am Hotel abgeholt, in dem schon einige Touristen sitzen. Jetzt kurven wir erstmal eine halbe Stunde durch die Stadt und laden weitere Touris ein, bevor es dann zum Hafen hinunter geht. Bestimmt 20 Minibusse halten hier und bringen die Besucher zu ihren Booten. Auf dem Boot gibt es eine Einweisung vom Tour-Guide. Er erklärt die Bedeutung der schwimmenden Inseln und erzählt noch einiges Interessantes zum Titicacasee. Zwischendurch wechselt er von Spanisch zu Englisch und beginnt jedes Mal mit "my dear friend". (Oft wird man ja hier in Südamerika mit "Amigo" angesprochen), dies wird dann im Laufe des Tages zum "running gag" unter den englisch-sprachigen Touristen.


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Wir fahren mit bestimmt 20 Booten durch ein Schilfgebiet und passieren eine Art Kontrolleingang zu den „schwimmenden Inseln". Es öffnet sich ein großer freier Bereich, an dessen Rändern sich die Inseln befinden. Jedes Boot steuert eine eigene kleine Insel an. Kaum gelandet, kommen die "Einwohner", in traditioneller Tracht gekleidet, aus ihren Hütten und breiten selbsthergestelltes Kunsthandwerk, Decken etc. aus, welche sie zum Kauf anbieten. Unser Guide und der Vorsteher der Insel erklären uns an einem Model die Funktionsweise der schwimmfähigen torf-ähnlichen Gebilde sowie der einzelnen Schilfschichten. Es wirkt alles sehr auf Touristen zugeschnitten, ob die Einwohner der Inseln nun wirklich in den Schilfhütten übernachten, bleibt dahingestellt. Auf einem kleinen Stück (festen) Land sehe ich Holzhäuser mit richtigen Dächern. Ein katamaran-ähnliches Schilfboot á la "Kontiki" von Thor Heyerdal wird für uns (10 Soles) auf die andere Seite gerudert. Dort empfängt uns ein Chor von einheimischen Frauen mit einem Liedchen, dessen Melodie sich zum verwechseln nach "Alle Vöglein sind schon da" anhört. Ich muß schmunzeln.


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Wir steigen um auf das Motorboot und schon geht es wieder durch das Schilfgebiet bis wir offeneres Wasser erreichen und Kurs auf die „Isla Taquille" nehmen. Alsbald erklärt unser Mister-"my dear friend"-Guide uns die Besonderheiten der Insel. Hier trägt man gestrickte Zipfelmützen, deren Farbzusammenstellung die gesellschaftliche Stellung der entsprechenden Person widerspiegelt, z.B. ob diese verheiratet ist. Die Insel ist nicht groß und wir wandern einmal über den Bergrücken. Dabei nehmen wir auf einem kleinen Hof ein Mittagessen ein. Zuvor führen uns die Einheimischen noch einen Tanz vor. Das Essen müssen wir natürlich extra bezahlen und auch für die Tanzvorführung hätte man gerne eine kleine Spende. Auf der anderen Seite gelangen wir an einen anderen Hafen, unser Boot hat mittlerweile die Insel umrundet und wartet auf uns.


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Ich genieße die lange Rückfahrt mit einem ausgiebigen Sonnenbad an Deck und verabrede mich schnell noch für den Abend mit einem amerikanischen Pärchen, alleine Essen ist langweilig. Es wird noch ein interessanter Abend.
Bevor der Bus kommt, habe ich noch genügend Zeit um mein Rad in die trans-o-flex Tüte zu verpacken. Dem Vermittler, bei dem ich das Ticket gekauft habe, reicht das aber nicht und er verlangt noch mal eine Zusatzgebühr von 10 Soles. Ich schüttle nur den Kopf.
lima3Die Fahrt nach Lima ist unspektakulär. Im Busterminal (jede Busfirma hat hier ihr eigenes Terminal in der Stadt) baue ich mein Rad wieder zusammen und montiere auch die Lampen, da es mittlerweile dunkel ist. Dann krame ich die Visitenkarte des Hoteliers heraus, mal sehen ob ich die Straße finden kann. Nach viel Fragen und Herumkurven durch ein paar Stadtteile erreiche ich endlich die Straße. Bisher hatte ich immer gedacht der Argentinier hätte hier ein kleines Hotel, schließlich gibt es Tausende in Lima, doch als ich auf einer Sraßenkreuzung einen 10-stöckigen Bau sehe, weiß ich was das Stündlein geschlagen hatte, es handelt sich um ein fünf-Sterne Hotel. Mir wird ein wenig mulmig, als ich die Hotelauffahrt herauffahre, sonst halten hier wohl nur die Luxuskarossen. Ich gebe dem Consierge die Visitenkarte und er ruft per Handy den Hoteldirektor an. Dieser spricht kurz mit mir: "Hallo Oliver, wieviel Nächte willst Du bleiben...bis Sonntag...kein Problem...Du brauchst nichts bezahlen!" Dann gibt er dem Consierge noch ein paar Anweisungen. Der winkt dem Kofferboy, welcher auch sofort mit einem goldbeschlagenen Gepäckwagen kommt und meine dreckigen Radtaschen auflädt und sie Richtung Zimmer abtransportiert. Ich kann es nicht fassen und biete augenzwinkernd dem Bediensteten, der sonst die fetten Autos in die Tiefgarage fährt, demonstrativ mein Rad zum wegfahren an, dann lachen wir alle mal herzlich und man findet noch einen Platz in einer Gepäckkammer. Das Zimmer ist ein Traum, das Badzimmer die Erfüllung. Ich lasse mir ein heißes Bad ein und verbringe den Rest des Abends damit mich zu pflegen. Ich schlafe wie ein Baby und hoffe das mein einziges Hemd, durch das Hängen auf einem Bügel morgens ein wenig glatter ist.
lima1Das Frühstücksbuffet läßt keine Wünsche offen, der Kellner reicht mir die Stoffserviette. Nach den Erlebnissen und Entbehrungen der letzten Wochen ist das fast zu viel. So gestärkt wende ich mich den notwendigen Dingen zu. Da ich morgen nach Hause fliege, muß ich noch einen Karton für den Rückflug besorgen. Der Consierge weiß da Rat und bestellt mir ein Taxi, das mich zu einer Firma bringt, welche gebrauchte Kartons weiterverkauft. Wir finden einen Karton, der groß genug ist, um meinen Drahtesel samt Radtaschen zu verpacken. Wieder zurück im Hotel kann ich in der Tiefgarage mein Rad verpacken. Dazu muß der Karton in der Größe noch angepasst werden und nachher mit Klebeband ordentlich wieder verklebt werde.
lima2Endlich bin ich fertig und kann noch ein wenig die Innenstadt besichtigen.Mit einem Minibus fahre ich für umgerechnet 35 Cent die 10 km ins Zentrum und wandere ein wenig hin und her, schaue mir einige Kirchen an und den Plaza de Armas. Auf den ersten Blick hat Lima nicht soviel zu bieten, wie die anderen Städte, die ich bisher gesehen hatte. Und scheint es auch nicht ganz so gefährlich zu sein, wie überall beschrieben. Zumindest in den Stadtteilen, die ich durchquert hatte. Allerdings hatte ich wirklich nur einen kleinen nichtrepresentativen Einblick. Ich kaufe noch ordentlich Lebensmittel für den morgigen Tag ein und komme am späten Abend wieder zurück ins Hotel.
Für morgens hatte ich schon früh ein Taxi bestellt, man weiß ja nie welche Probleme noch auf einen zu kommen. Nach dem tollen Frühstücksbuffet packe ich den Rest meiner Sachen zusammen und lasse sie vom Kofferträger abholen. Der Taxifahrer ist auch schon da, leider hat er nicht richtig zugehört und ist mit einem normalen PKW gekommen, mit dem man natürlich den großen Karton mit dem Rad nicht transportieren kann. also muß sein Kollege mit einem anderen Wagen kommen. Der bringt mich dann fix zum Flughafen. Am Flughafen kommt direkt ein Kofferträger und lädt mein ganzes Gepäck auf, nachher will er für die 100 m ins Terminal 10 Soles haben (Noch mal zum Vergleich: 10 km Busfahrt = 35 Cent!). Ich gebe ihm 5 und er zieht seiner Wege andere Opfer suchen.
Aber es geht weiter. Ich reihe mich in die Schlange ein, endlich am Schalter heißt es ersteinmal, diesen riesigen Karton könnten sie nicht mitnehmen. Ich kontere, ich wäre ja auch mit diesem Karton von Düsseldorf mit der Iberia angereist. Langes hin und her. Dann wird der Karton geöffnet und ich muß alles wieder auspacken. Ein Mann kommt mit einem Hund, der schnüffelt etwa 10 min an meinem Fahradrahmen, dann gehen die beiden wieder, kommen aber schon nach 2 Minuten zurück und der Hund darf wieder am Rad schnüffeln. Ich dreh auch bald am Rad. Dann darf ich alles wieder einpacken, glücklicherweise hatte ich das Klebeband nicht verpackt und kann den Karton jetzt wieder zukleben.
Also zurück zum Schalter, nun ist eine Gebühr von 75 $ fällig. Natürlich nimmt man hier keine Kreditkarten und ich muß erst zum Geldautomaten, der meine Mastercard sogar annimmt, keine Selbstverständlichkeit. Ich gebe der guten Frau 80 US$, sie sagt daß sie nicht rausgeben kann. Mir schwillt der Kamm. Mit einem verschmitzten Lächeln sagt sie, sie würde mir aber am Gate beim "boarding" die 5 $ geben, wer es glaubt...
Ich ziehe von dannen und erinnere mich, daß ich mal etwas von einer Ausreisegebühr gehört hatte. Durch ein wenig Recherche erfahre ich, es sind 31 $. Ich schaue in meinen Geldbeutel und oh Wunder, es fehlen genau 5 $. Es ist zum Mäuse melken. Wieder zurück an den Geldautomaten, nochmal 20 $ ziehen. Man hat für die ausländischen "Gäste" extra einen speziellen Schalterraum mit 10 Schaltern eingerichtet, in dem die Gebühr zu entrichten ist, das nenne ich guten Service.
Am Gate bekomme ich dann eine Quittung über die Gebühr für den Radtransport, von meinen 5 $ natürlich kein Spur. Ich rege mich auf und die Bedienstete am Gate telefoniert. Mittlerweile steigen alle Passagiere ins Flugzeug. Zu guterletzt kommt ein Mann angeschlendert, meinen 5 $ Schein wedelnd in der Hand und grinst dabei süffisant, als wollte er sagen: der stellt sich aber an wegen den 5 $, jetzt muß ich extra dafür hierherlaufen. Ich verkneife mir eine Bemerkung nehme den Schein und "boarde" endlich.
Als die Maschine abhebt, löst sich meine Anspannung und ich bin froh wieder nach Europa zurückzudürfen. Erst durch solche Erfahrungen lernt man auch mal unser verläßliches Rechtssystem, die vielen Bestimmungen und Verordnungen, die uns Sicherheit geben, zu schätzen.
above_cuscoHeute komme ich nicht zur Ruhe, mitten in der Nacht randalieren ein paar Gäste mit ihrem Gepäck durchs Hospedaje, wahrscheinlich liegt es an den Pappwänden, die jedes Geräusch durchlassen. Trotzdem stehe ich früh bei Sonnenaufgang auf, da ich heute die ca. 90 km bis nach Ollantaytambo schaffen möchte. Um in das heilige Tal der Inkas (Valle Sagrado), der Talabschnitt des Rio Urubamba zwischen Pisac und Ollantaytambo, zu gelangen, muß man zunächst aus Cusco heraus an der Festung Saqsayhuamán und dann an Pukapukara vorbeifahren. Es geht ständig steil bergauf, ein Touristenbus nach dem anderen zieht an mir vorbei und ich bin nach einer halben Stunde schon wieder total geschafft. Über eine Nebenstraße fahre ich weiter und genieße die Ruhe und die schöne Landschaft mit den Wiesen und Eukalytusbäumen. Es geht noch 10 km bergauf, bis ich fast wieder auf 4000 m.ü.M. bin. Hier hat man noch einmal ein paar schöne Ausblicke in die verschiedenen Täler und auf die Festung Pukapukara.
pukapukaraDann geht es in rasender Abfahrt mit mehr als 50 km/h ins Tal hinunter. Ich überhole langsamere Autos und alte Busse. Endlich bin ich mal flott unterwegs. Ich halte an einem Aussichtspunkt und kann auf die Inka-Terrassen von Pisac und weit in das Valle Sagrado schauen. Im Hintergrund sind schneebedeckte 6000er zu erkennen. Sofort sind wieder Touristen aus den Reisebussen bei mir und bestaunen mein Rad. Ich beantworte die üblichen Fragen. Ein Pärchen (Argentinier und Chilenin, welche in Lima leben) möchte noch ein Foto von mir und dem Rad machen. valle_sagradoWir kommen ins Gespräch und ich erfahre, daß der Mann ein Hotel in Lima hat. Er gibt mir seine Visitenkarte und lädt mich spontan zu einer kostenlosen Übernachtung in seinem Hotel in Lima ein. Ich frage noch mal nach, aber er scheint es ernst zu meinen.
Schnell erreiche ich Pisac, das auch für seinen Sonntagsmarkt bekannt ist. Ich habe Glück, heute ist Sonntag und so schlängle ich mich zwischen Marktständen und den Menschenmassen hindurch bis zu einem kleinen Restaurant. Dort bestelle ich einen Café con Leche und eine Spaghetti Bolognese und beobachte das Treiben auf dem Markt. Hier werden nicht nur für die Touristen Handwerkskunst verkauft, auch Lebensmittel und Alltagsgegenstände wechseln hier ihren Besitzer.
So gestärkt fahre ich weiter talabwärts durch die Städtchen Calca und Urubamba. 20 km vor Ollantaytambo setzt wieder der Wind ein. Er scheint jetzt direkt aus dem Amazonas durch das Urubambatal zu blasen und fegt mich fast vom Rad.
pisac                    pisac_markt
Endlich erreiche ich Ollantaytambo (2792 m.ü.M.), zur Stadt hinein geht es über eine Straße, welche mit großen Flußkieseln gepflastert ist, hoch. Nur mit Mühe kann ich das Rad halten, mir bleibt auch nichts erspart. Ich finde schnell das empfohlene Hospedaje und richte mich in meinem kleinen Zimmer mit Bad ein. Die Sonne geht bereits unter, jetzt nur keine Müdigkeit, ich muß noch zum Bahnhof laufen, um ein Ticket für die morgige Tour nach Machu Picchu zu kaufen. Auf dem Weg dorthin wird man von Minibussen und Taxen angerempelt, die rücksichtslos ihren Weg durch die schmalen Straßen suchen. Ich bin angenervt und nehme demonstrativ einen dicken Stein in die Hand, das scheint zu helfen, die Fahrzeuge halten Abstand. An dem riesigen Ticketschalter will man zunächst meine Kreditkarte (Mastercard) nicht akzeptieren, mit ein wenig Nachdruck geht es dann doch. Die Bahnfahrt soll ca. 1,5 Stunden für eine Strecke dauern und kostet Hin- und Zurück ca. 100 €, die Einheimischen zahlen für die gleiche Strecke ca. 10 €, den Touristen ist es aber per Gesetz und Strafe verboten diese, für uns günstigen Züge zu benutzen. Ich schlucke meinen Ärger hinunter und kaufe die Tickets.

oruroNach Beginn der asphaltierten Straße kommen wir dann wieder schneller voran und können nach 115 km Oruro erreichen. Diese Stadt hat aus touristischer Sicht nicht viel zu bieten, mehr aus Soziologischer. Es ist sehr dreckig und die Menschen sind arm, überall laufen scheue streunende Hunde herum und wühlen im Dreck nach eßbarem. Bei dem Besuch eines Marktplatzes am Abend fühlen wir uns nicht ganz wohl in unserer Haut. Erst am nächsten Morgen finden wir einen schönen zentralen Platz mit Kirche und Amtsgebäuden wo wir auch nett frühstücken können.

Den nächsten Teilabschnitt bis La Paz legen wir wegen des dichten Verkehrs mit dem Bus zurück. Dies ist auch nicht viel sicherer, denn wir können beobachten wie dem Busfahrer vor Übermüdung immer wieder die Augen zufallen und fürchten um unser Leben.

Leider wird in Südamerika auf den Straßen sehr rücksichtslos gefahren, es gilt das Recht des Stärkeren. Busse bremsen grundsätzlich für niemanden. Das heißt für uns „schwache“ Radfahrer, daß wir des öfteren einen Sprung ins seitliche Kiesbett machen müssen, um nicht überfahren zu werden. Es spiegelt ein wenig die Mentalität hier in Bolivien und Peru wieder, welche die Rücksichtsnahme, Anteilnahme und Hilfsbereitschaft nicht in dem Maße kennt wie wir dies von Europa gewöhnt sind. Jeder kämpft hier für sich alleine. So waren zumindest unsere Erfahrungen. Wir lernten aber auch viele hilfsbereite Menschen kennen.

la-paz1La Paz ist eine pulsierende Metropole mit einem hohen Anteil indigener Bevölkerung. Die Stadt liegt in einem Talkessel, welcher an den Rändern auf 4100 m.ü.M ansteigt (El Alto) wo zumeist die arme Bevölkerung lebt. In den tieferen Regionen 3200 m.ü.M. stehen schmucke Hochhäuser und man könnte meinen sich in einer europäischen Großstadt zu befinden. Wir bleiben hier noch einige Tage, um Vorräte aufzufüllen, Wäsche zu waschen und wichtige Erledigungen zu tätigen. Leider kann Benedikt die Reise nicht weiter fortsetzen und tritt von La Paz aus den Heimweg an.


Straße des Todes

Vorher können wir jedoch noch an einer kleinen Radtour besonderen Ausmaßes teilnehmen: wir haben bei einem der vielen Reiseveranstalter eine MTB-Tour über den „Camino de la muerte“ gebucht, wie der Name schon sagt, ein nicht ganz ungefährliches Unterfangen. Es handelt sich dabei um eine Schotterpiste, die noch bis vor kurzer Zeit die einzige Verbindung von La Paz in die östlich gelegenen Regenwaldgebiete (Yungas), also den Beginn des Amazonas-Regenwaldes, darstellte. Mittlerweile hat man parallel eine Asphaltstraße gebaut.

la_cumbre todesroute6 Früh morgens bringt uns ein Bus aus der Stadt hinaus bis zur Passhöhe „La Cumbre“ mit ca. 4700 m.ü.M.. Dort werden die MTBs, ich habe mir einen Fully (vollgefedertes Rad) ausgesucht, abgeladen und wir folgen unserem Guide ersteinmal 20 km asphaltierte Straße mit rasender Geschwindigkeit hinunter, während der Minibus immer hinter uns herfährt. Danach biegen wir auf die eigentliche Schotterpiste ab. Jetzt wird es ernst. Der Guide weist uns nochmals auf die Gefahren hin (keine Straßenbegrenzung, Linksverkehr, heraufkommende Fahrzeuge haben Vorfahrt) und mit einem mulmigen Gefühl geht es dann los, rechts die Felswand, links an der Abbruchkante bis zu 500 m tiefe Schluchten. Doch schon bald hat man sich daran gewöhnt, und es geht in rasender Fahrt die kurvenreiche Piste hinunter. Dann sind wir ganz von großen Bäumen, Farnen, Vogelgezwitscher und dem Geruch tropischer Gewächse umgeben. Nach stundenlanger adrenalinsteigender Bergabfahrt (ca. 40 km), mit einigen Foto-Pausen an besonders steilen Abhängen, erreichen wir in Yolosa die tiefste Stelle (ca. 1200 m.ü.M.).

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Nun bringt uns der Bus nach Coroíco, einem sympatischen Dorf, in dem wir in einem Hotel ein Mittags-Buffet einnehmen und anschließend den hauseigenen Pool benutzen können. Eine super Entspannung nach den vielen aufregenden Radkilometern. In stundenlanger Fahrt bringt uns dann der Minibus zurück nach La Paz. Abends treffen wir durch Zufall unsere 3 Spanierinnen wieder, wir gehen zusammen Essen und quatschen den ganzen Abend über unsere Erlebnisse.
grenzstation_bolivienNach dem Start in San Pedro de Atacama fährt uns ein Zubringerbus bis auf 4000 m.ü.M. zur Grenzstation nach Bolivien herauf. Dort werden wir auf die 3 Jeeps verteilt und unsere Räder mit dem Gepäck auf den Dächern festgezurrt. In unserem Jeep sitzen 3 Frauen aus Barcelona und einen junger Mann (halb Spanier/ halb Ire). Spontan erinnere ich mich: die 3 Spanierinnen hatte ich schon während unserer Wartezeit auf dem Madrider Flughafen gesehen. Es gibt erstmal ein großes „Hallo“ und Erstaunen über diesen Zufall.

Nach Einfahrt in den Nationalpark „Reserva Nacional de Fauna Andina Eduardo Abaroa“ kommen wir an der am Fuße des 5920 m hohen Vulkans Licancabur gelegenen Laguna Verde und Laguna Blanca vorbei. Der inaktive Vulkan mit dem höchstgelegenen Kratersee der Welt war auch schon von San Pedro aus zu sehen und überragte die Atacama-Wüste. An einer heißen Quelle können wir dann ein Bad nehmen, bei dem frischen Wind und den kühlen Temperaturen in über 4000 m Höhe eine echte Herausforderung.
Laguna Verdeheisse_quelleGeysirfeld

Die außergewöhnlichen Farben der verschiedenen Lagunen beruhen teilweise auf bestimmten Algenarten sowie dem hohen Mineralstoffgehalt. Die sehr widerstandsfähigen Flamingos kann man an einigen Stellen in der Salzlacke stehen sehen. Aufgrund ihrer lederartigen Haut macht ihnen das Salzwasser nichts aus.

laguna_colorada Nach dem Besuch des Geysirfeldes (Sol de Mañana) auf fast 5000 m.ü.M. stellen sich bei mir plötzlich starke Kopfschmerzen und Übelkeit ein. Auch die anderen Teilnehmer unserer Gruppe haben Probleme, die ersten Anzeichen einer leichten Höhenkrankheit. Wir fahren weiter zur Laguna Colorada auf 4278 m.ü.M. wo auch unsere Unterkunft für die Nacht gelegen ist. Es handelt sich um Steinsockel, auf die Matrazen gelegt wurden. Abends wird von den hier lebenden Bolivianern indianischen Ursprungs ein Essen serviert. Mir geht es schlecht und ich bekomme nichts runter. Ich gehe früh zu Bett und bekomme Schüttelfrost. steinbettenZwei Deutsche aus dem anderen Jeep mit Himalaya-Erfahrung beruhigen mich und sagen ich müßte die Nacht irgendwie überstehen, morgen würde es schon besser gehen. Die Einheimischen bringen mir einen „Mate de Coca“ (Tee aus Cocablättern, welcher in Deutschland verboten, hier aber in Teebeuteln in jedem Supermarkt zu kaufen ist) gegen die Höhenkrankheit. Nach kurzer Zeit beginnt der Tee zur wirken und ich fühle mich schon etwas besser. In den darauffolgenden Tagen verschwinden die Symptome durch Absteigen auf 3600 m.ü.M. und Eingewöhnung wieder.

wuestenpisteAm zweiten Tag erreichen wir nach dem Besuch verschiedener Lagunen, welche teilweise von Flamingos bevölkert werden und einer Vorbeifahrt am noch aktiven Vulkan Ollagüe die Ausläufer des Salar de Uyuni, mit mehr als 10.000 km² der größte Salzsee der Welt. laguneDie Nacht verbringen wir in einer Unterkunft direkt am Salzsee, die Sockel der Betten sind aus purem Salz. Ich gehe noch nach draußen und sehe mir den faszinierenden Sternhimmel an. Nirgendwo hat man so einen klaren Blick in den Weltraum, wie in dieser Höhe und bei dieser niedrigen Luftfeuchtigkeit. Erinnerungen an meine Ausbildung als Astrophysiker werden wach.

Der nächste Tag steht dann ganz im Zeichen des Salzsees, wir besuchen noch die in der Mitte des Sees gelegene Insel „Incahuasi“ und fahren über die bis zu 30 m dicke Salzschicht nach Uyuni.
salar_de_uyuni1isla_incahuasisalar_de_uyuni2
peru_rail2Der Zug soll morgens um 6:59 Uhr abfahren. Auf dem Ticket steht allerdings, daß man schon um 6:29 Uhr am Bahnhof erscheinen soll: "otherwise you may no board". Ich bin frühzeitig an dem vollständig abgezäunten Bahnsteig. Durch eine Schleuse, an der das Ticket und der Ausweis vom Sicherheitspersonal genau kontrolliert werden, gelangt man auf den Bahnsteig. Beim Einstieg in den Zug kontrollieren die wie Stewardessen gekleideten Zugebegleiter noch einmal die Tickets und dann geht es endlich los. Der Zug tuckert mit ca. 40 km/h  eineinhalb Stunden durch das Urubambatal. Zwischendurch wird ein kleiner Snack gereicht und man bekommt Kaffee. Ab dem Örtchen Chica verengt sich das Tal, hier endet die Straße, und man sieht den Beginn des Inkatrails, über den man eine 4-tägige Wanderung nach Machu Picchu machen kann, welche allerdings nur als organisierte Tour mit Führer zulässig ist. mp02 Der Trail taucht nun immer wieder an den Berghängen auf und windet sich teilweise in schwindelerregender Höhe an den steil abfallenden Talwänden entlang. Schade das meine Zeit und meine Finanzen dafür nicht ausreichen. Dann erreichen wir Aguas Calientes (ca. 2000 m.ü.M.), dem Örtchen direkt am Urubambafluss und zu Füßen des Machu Picchu. Von hier aus fahren Schuttlebusse die Serpentinenstrecke zum Eingang der Ruinen hoch, dafür werden hier noch einmal 14 US$ verlangt. mp03 Nach einer kleinen Orientierungsphase weiß ich, daß ich zunächst in einem bestimmten Amt in Aguas Calientes die Eintrittskarte zur Ruinenstadt kaufen muß. Der Eintritt beträgt 126 Soles (ca. 34 €) und diese sind in bar zu entrichten. Einen Geldautomat gibt es in Aguas Calientes nur für Visa Kreditkarten. Gottseidank habe ich noch 50 US$ dabei, die ich tauschen kann. Mir ist völlig unverständlich, warum bei einem Besucherstrom von 2000 Menschen pro Tag hier nicht alle Zahlungsmöglichkeiten gegeben sind. Insgesamt ist Machu Picchu die große "Cash-Cow" von Peru. Man würde ja vermuten die Nachfahren der alten Inkas versuchen das ihnen damals von den Spaniern entwendete Gold auf diese Art wieder zurückzubekommen, leider verdienen wohl wieder nur andere daran.

mp01Ich kaufe in einer Seitenstraße in einem kleinen Laden noch etwas Reiseverpflegung und mache mich zu Fuß auf den Weg, Machu Picchu zu erklimmen. Nach kurzer Zeit treffe ich ein junges Pärchen, das den gleichen Weg hat. Sie ist Chilenin und er Deutscher, der ein Auslandsjahr in Santiago de Chile macht. Wir überqueren den Fluss und dann geht es fast gerade den Berg hoch. Der Pfad ist sehr schön, wir kreuzen ein paar Mal die Straße, welche sich in Serpentinen den Berg hochschlängelt und müssen aufpassen nicht von den Bussen überfahren zu werden. Nach einer Stunde erreichen wir den Eingang zur Ruinenstadt Machu Picchu auf 2438 m.ü.M..

mp04Nach ein paar ersten Fotos entschließe ich mich, bevor ich das Ruinengelände erkunde, zunächst auf den Cerro Machu Picchu zu steigen. Von dort soll man eine sensationelle Übersicht über das gesamte Gelände haben. Der andere Berg Waynapicchu ist nur für 200 Personen pro Tag geöffnet, die Plätze sind meist schon um 3 Uhr morgens ausgebucht. Ich frage entgegenkommende Wanderer wie lange es noch bis zur Begspitze ist, da ist von ca. 2 Stunden die Rede. Meinen beiden Mitstreitern ist das zu lang und sie kehren wieder um. Ich aber will auf den Gipfel, schließlich ist man nur einmal hier und der Zug fährt erst um 18:23 Uhr. Es wird immer steiler, der Schweiß tropft mir von der Stirn und das Hemd klebt am Körper, soviel habe ich die ganze Fahrt über nicht geschwitzt. Prima, daß ich vorher noch 2 Liter Wasser gekauft hatte. Manche Passagen sind so steil, daß es nur auf Händen und Füßen weitergeht. Dann endlich bin ich oben, nach allen Seiten fällt es fürchterlich steil ab und man hat eine sensationelle Aussicht über die ganze Region. Alle Leute hier oben fotografieren sich gegenseitig vor der im Hintergrund liegenden Ruinenstadt. Nach einer langen Ruhepause mache ich mich wieder an den Abstieg. Im Nachhinein stellte sich dann heraus, das der Gipfel auf 2800 m.ü.M. liegt.
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Auf dem Weg nach unten mache ich noch tolle Aufnahmen. Dann laufe ich stundenlang durch die Inkasiedlung und höre den Erklärungen der englisch-sprachigen Guides zu. Ein faszinierender Ort, man kann hier den ganzen Tag verbringen.  Etwas abseits führt der Inkapfad weiter Richtung Amazonas über eine wie an den  Berg geklebte Brücke. Wahnsinn, was diese alten Völker hier geleistet haben. Am späten Nachmittag breche ich dann wieder nach Aguas Calientes auf. Der Weg nach unten ist beschwerlich und ich merke schon, daß ich hier und heute ganz andere Muskelgruppen benutzt habe, als auf dem Rad. Das gibt morgen bestimmt tierisch Muskelkater. Irgendwann ist jeder Berg zu Ende und ich komme in Aguas Calientes an. Dann habe ich noch eine längere Wartezeit bis um 19:00 Uhr der Zug nach Ollantaytambo losrollt. Als ich endlich in der Herberge eintreffe, ist es spät und ich bin hundemüde.
inkabruecke              inkapfad
hinterhofEine Radreise über den Altiplano durch Bolivien und Peru ist kein Ritt auf dem Ponyhof.

Wir bewegten uns in einer Region der Welt in der es noch viel Armut, unterentwickelte Verkehrswege und knappe Ressourcen gibt. Die für unser Unternehmen so wichtige Versorgungslage mit ausreichend Lebensmitteln, Wasser und Unterkünften war aber jederzeit gegeben. Man kann jedoch europäische Maßstäbe hier nicht anlegen. Viele Unterkünfte waren Schlafplätze mit dem Klo im Hinterhof, das Essen war nahrhaft aber einfach.

Heizungen kennt man hier nicht, die Wasserleitungen waren morgens gefroren und tauten erst nach ein paar Stunden wieder auf, was die im Hinterhof lebenden Familienmitglieder nicht von einem Toilettenbesuch abhielt. Für eine warme Dusche war meist der in Südamerika übliche Duschkopf mit Durchlauferhitzer installiert, eine windige Konstruktion mit zusammengedrehten Kabeln mit Isolierband drumherum. Bei jedem Duschen hatte ich ein mulmiges Gefühl, ob ich bei einer Fehlfunktion nicht doch gebraten würde.

duscheUnser Ziel war es den Altiplano, eine Hochebene zwischen 3600 und 4000 m.ü.M., mit dem Rad von Süd nach Norden zu durchqueren um danach noch ein Stück weiter durch das Urubamba-Tal bis nach Machu Picchu zu gelangen. Dabei würden wir zunächst Bolivien und danach Peru bereisen. Die Schwierigkeiten waren nicht-asphaltierte Straßen, also Sand-, Stein- oder Waschbrettpisten, die große Höhe und der ständig von Norden wehende Gegenwind.

Dazu kam der für diese Jahreszeit außergewöhnlich strenge Winter mit -24° C in einigen Regionen. Aufgrund dieses strengen Nachtfrostes war es uns nicht möglich die Lagunen-Tour (eine ca. 500 km lange Tour im äußersten Südwesten Boliviens entlang von natürlichen teilweise versalzten, lagunenartigen Seen und Geysirfeldern in einer Höhe zwischen 4000 - 5000 m.ü.M.) mit dem Fahrrad zu absolvieren, da es nicht für jede Nacht eine gesicherte Unterkunft gab und für eine Übernachtung im Zelt in dieser Höhe derzeit zu kalt war. Wir entschlossen uns daher eine 3-tägige Jeep-Tour zu buchen. Damit konnten wir die schönen Lagunen trotzdem besuchen und unsere Räder wurden sicher mitgeführt.

Die von mir (uns) bereisten Länder Chile, Bolivien und Peru zeigten sich sehr widersprüchlich. Eine Reise mit dem Rad in dieser fazinierenden Landschaft des Altiplano läßt einen die Natur hautnah spüren, die vielen Kulturdenkmäler aus der Inkazeit, vor allem im Urubamba-Tal und der Region Cusco beeindruckten sehr.
Auf dem Altiplano lebt eine in Teilen sehr arme Bevölkerung mit einem großen Anteil indigener Völker. Wir begegneten einer Kultur der Gleichgültigkeit den Mitmenschen und auch uns Gästen gegenüber, einem nur gering entwickelten Umweltbewußtsein (Müll wird einfach in die Natur geworfen) und in den Touristenzentren einer teilweise staatlich subventionierten Abzocke, die einen nur den Kopf schütteln läßt.  Überall ist es laut und es läuft Musik, es wird gehupt auf teufel komm raus und erst zu Hause habe ich gemerkt, wie ruhig es hier ist. Zu keiner Zeit hatte ich jedoch das Gefühl, daß ich durch Gewalt, Verbrechen oder Diebstahl bedroht wurde, eher durch den gefährlichen Straßenverkehr.
Aber auch Begegnungen mit hilfsbereiten, freundlichen Menschen waren an der Tagesordnung. Der kleine Gastwirt in Rio Mulato, die freundliche Oma in Juli, die Señora Sonja aus Pukará und die Einladung des Hoteldirektors aus Lima haben mich mit vielem wieder versöhnt.
Trotz aller Erfahrungen kann so eine Reise aber immer nur den eigenen kleinen subjektiven Ausschnitt der realen Verhältnisse zeigen, so daß ein anderer auf seiner Reise vielleicht auch andere Erfahrungen machen wird.
Am nächsten Tag scheint wieder die Sonne, das erinnert mich daran das ich hier noch „günstig" Sonnencreme kaufen wollte. Im Supermarkt ist die nicht zu bekommen und so gehe ich in eine „Farmacia", eine Art Apotheke mit medizinischer Beratung. Die Sonnencreme ist hier (in einem Land mit hoher UV-Strahlungsbelastung und niedrigerem Pro-Kopf-Einkommen) natürlich viel, viel, viel teurer als zu Hause. Ich ärgere mich.

Wir fahren wieder zum Busterminal und gehen diesmal zu einem anderen Unternehmen. Sie würden uns ja mitnehmen, aber die Räder müßten in einem Karton verpackt sein. Wir raufen uns die Haare. Aber wir haben ja noch die riesigen „trans-o-flex" Tüten, in die wir unsere Radtaschen verpackt hatten. Wir zeigen den Leuten am Schalter die Tüten und bieten an, daß wir unsere Räder darin verpacken würden. Das funktioniert tatsächlich, unsere Räder werden in den Bus geladen und wir machen uns auf die 300 km lange Fahrt nach San Pedro de Atacama. Beim Ausfahren aus dem Busterminal können wir noch unseren Karton an der Ecke stehen sehen, irgendwie ironisch.

Bei unserer Ankunft in San Pedro (2443 m.ü.M.), einem kleinen touristisch geprägten Örtchen mit ca. 5000 Einwohnern am Rand des Salar de Atacama gelegen, bricht schon der Abend an. Beim Auspacken der Räder verliere ich im Dunkeln wohl meine Fotokamera, bemerke dies aber erst 2 Stunden später und trotz intensiver Suche und Nachfrage bleibt sie verloren. Ich ärgere mich Tage lang. Gut das Benedikt auch eine Kamera dabei hat.

Valle de Luna Salar de AtacamaDer Ort ist übersät mit Hospedajes, Restaurantes und Touristen. Wir finden eine schöne, bezahlbare Unterkunft mit Küche und Bad auf dem Gang. Die nächsten 2 Tage machen wir Rad-Ausflüge in die nähere Umgebung (Valle de Luna, Salar de Atacama, Pukará), gewöhnen uns an die Höhe und sammeln Informationen, z.B. über die Lagunentour. Nachts ist es empfindlich kalt, selbst in den Unterkünften. Aufgrund der weiter oben beschriebenen Wetterlage buchen wir die 3-Tage Jeep-Tour nach Uyuni.
la_raya_pass1Start heute 8:00, noch früher als gestern. Dafür gibt es kein Frühstück. Ich kaufe noch in einem kleinen Laden Fladenbrot und Leckereien für unterwegs ein. Die Leute auf der Straße beäugen interessiert mein Rad und wollen wissen was es kostet. Ich versuche ihnen zu vermitteln, das man die Preise nicht vergleichen kann und ich ihnen deshalb auch keinen nennen könnte. Wie sollten sie auch verstehen, daß sie für so ein Rad einen Jahreslohn aufbringen müßten. Das ist mir bedeutend zu viel Rummel um meine Person und so fahre ich schnell weiter. Bis zum Pass sind es 29 km und trotzdem es nicht so steil ist, brauche ich 3 Stunden. An einer schönen Stelle lege ich aber zwischendurch noch eine Frühstückspause ein. Natürlich kommt mein persönlicher Duz-Freund, der Wind, pünktlich zum steilsten Stück des Anstieges vorbei und bläst mir frech ins Gesicht. la_raya_pass2Dann erreiche ich endlich den "Abra la Raya" mit seinen 4338 m.ü.M.. es gibt hier einen Parkplatz wo die Touristen-Reisebusse eine kurze Pause einlegen, die Einheimischen mit ihren Decken und anderem Kunsthandwerk sind schon da. Trotzdem sie ja wohl sehen müssen, das ich gepäcktechnisch völlig ausgelastet bin, versuchen sie mir schwere Decken und filigrane Bastelarbeiten zu verkaufen. Leider denkt hier niemand mal eine Sache bis zum Ende durch.


Dann kommen die Reisebusse. Sofort stehe ich wieder im Mittelpunkt des Geschehens und Deutsche, US-Amerikaner, und Leute anderer Nationalitäten wollen wissen, wie man mit dem Rad hierherkommt und was ich so vorhabe. Na ja, ich genieße das Interesse und erkläre wo ich noch hin will und was ich bisher erlebt habe. Man ist begeistert und macht Fotos.


urubamba01So gestärkt mache ich mich an die Abfahrt nach Sicuani, immerhin 800 Höhenmeter auf knapp 40 km. Hier oben an der Wasserscheide zwischen Altiplano und den südöstlichen Andenketten Perus entspringt der Río Urubamba, der im Prinzip schon zu einem der Zuflüsse des Amazonas gehört. Das Tal in das ich jetzt hineinfahre wird später zum heiligen Tal der Inkas (Valle Sagrado), welches besonders fruchtbar und das landwirtschaflich bedeutendste Hochtal der Inkas ist. Es führt an der Ruinenstadt Machu Picchu vorbei bis in die Nebelwälder des Amazonasbeckens. Im Prinzip heißt das: von nun an geht es nur noch bergab (im Prinzip). In rasender Fahrt tauche ich ein in die fruchtbare Landschaft des Tals, überall wird Ackerbau betrieben, es wachsen Eukalytusbäume. Die Häuser sehen freundlicher aus, keine Frage, die Menschen scheinen hier wohlhabender zu sein.


urubamba02Die Fahrt durch das Tal geht flott voran und ich erreiche nach 107 km den kleinen Ort Checacupe. Hier gibt es genau ein Hospedaje. Eine Familie hat in ihrem Hinterhof ein Zimmer mit drei Betten zur Unterkunft erklärt, Toilette und kalte Dusche sind wieder auf der anderen Seite des Hofs. Als ich gerade das Zimmer beziehen will tauchen noch zwei Radler auf, ein Pärchen aus Frankreich. Da es anscheinend im ganzen Ort nur dieses eine Hospedaje zum Übernachten gibt, teilen wir uns das Zimmer. Die beiden sind von Lima aus losgefahren, hatten sich dort 2 Räder gekauft. Nun wollen sie über das Altiplano nach Argentinien herüberradeln. Wir richten uns in dem Räumchen ein und beschließen dann noch Essen zu gehen. Nach längerem Suchen und Fragen finden wir Räumlichkeiten in denen Essen ausgegeben wird. Es gibt wieder eine Suppe und ein kleines Stückchen Fleisch mit Reis und Kartoffeln für 3 Soles (ungefähr 1 €).
breakfastAm nächsten Morgen starte ich wieder sehr früh, denn die Reststrecke bis Cusco beträgt fast 100 km. Ich verabschiede mich noch von den beiden Franzosen und wir wünschen uns gegenseitig viel Glück für die weitere Reise. Ich komme gut voran, doch merke ich, daß mein Vorderrad ab einer gewissen Geschwindigkeit zu pendeln anfängt. Irgendetwas schaukelt sich da auf. Vermutlich ist es der zu niedrige Luftdruck im Reifen. Aufgrund des großen Höhenunterschieds, ich befinde mich mittlerweile fast unter 3000 m.ü.M. (also rund 1400 m tiefer als noch am Morgen zuvor) und der morgendlichen Kälte scheint der Druck im Reifen noch weiter gefallen zu sein. Nach einer Weile mache ich einen Frühstückstop und versuche den Reifen weiter aufzupumpen, doch meine Luftpumpe funktioniert nicht mehr richtig. Dann trifft plötzlich ein weiterer Tourenradler aus Richtung Cusco ein. Er hält direkt an und wir kommen ins Gespräch. Er ist auch Franzose und ist Richtung La Paz unterwegs. So sitzen wir fast eine Stunde zusammen und tauschen Info's über Strecke, Hospedajes und Interessantes aus. Ich frage ihn, ob und wann es Richtung Cusco noch einmal bergauf geht, da ja die Stadt auf 3400 m.ü.M. liegt und wir hier schon fast unter 3000 sind. Also, er hätte da keine nennenswerte Steigung bemerkt. Ich bleibe mißtrauisch. Zuletzt leiht er mir noch seine Pumpe und ich kann mein Problem beseitigen.


urubamba03Und immer weiter geht es talabwärts. Der Garmin zeigt bereits 2900 m.ü.M. an. Ich weiß, am Ende muß ich wieder auf 3400 herauf. Kurz vor Urcos windet sich die Straße aus dem Flußtal heraus den Berghang hinauf. Selbst die Tanklaster fahren kaum schneller als ich mit dem Rad. Dann jedoch geht es wieder steil bergab und ich fahre mit nahezu 60 km/h den LKWs davon. Hinter einer Brücke über den Urubamba geht es hinein nach Urcos, im Ort wieder steil bergauf bis sich die Straße danach wieder ins Tal heruntersenkt. Dann verläßt die Hauptstraße endgültig das Urubamba-Tal und windet sich über einen kleinen Pass in ein Seitental, welches zunächst sanft, dann aber zum Stadtgebiet von Cusco hin immer steiler ansteigt. Ich fahre 10 km bergauf durch unansehliche Außenbezirke, vollgestopft von Autos, Minibussen und 3-Rad-Taxen, von Abgasen geschwängerter Luft umgeben und mit infernalem Lärm erfüllte Straßen. Schließlich erreiche ich den "Plaza de Armas" im Zentrum des alten Cusco, setze mich auf eine Parkbank und lasse ersteinmal die Umgebung auf mich wirken.


plaza_armas01Ich habe noch eine Adresse eines radlerfreundlichen Hospedaje in Cusco. Ich frage einen Polizisten nach dem Weg, die Unterkunft ist gar nicht soweit entfernt und nach 5 Minuten stehe ich in einem Hinterhof. Doch ein netter Señor teilt mir mit, daß das Hospedaje zur Zeit komplett ausgebucht sei. Also schiebe ich mein Rad wieder auf die Straße. Dort treffe ich ein deutsches Pärchen, die sich auch diese Unterkunft ausgesucht hatten. Er spricht perfekt Spanisch. Zusammen finden wir eine Herberge ein paar hundert Meter weiter die Straße runter. Der Preis ist ok und ich buche direkt 2 Nächte. Abends gehen wir dann zusammen essen und erzählen uns unsere Erlebnisse. Die beiden sind schon einige Monate unterwegs und waren zunächst im Westen der USA, bevor sie dann von Lima aus gestartet sind. Nun wollen sie Richtung Süden über den Altiplano. Ich gebe meine üblichen Tips und verteile Visitenkarten der guten Hotels in Puno und La Paz. Sie empfehlen mir eine bestimmte Herberge in Ollantaytambo in der Nähe von Machu Picchu.
altiplano_endeStart 8:30, das ist mal früh. Die Buckelpiste hat auch aufgehört und ich komme schnell voran. In Ayaviri mache ich eine längere Pause. Der Verkehr hält sich in Grenzen und einmal überholt mich die Eisenbahn, angeblich fährt sie nur alle 2 Tage die Strecke Puno-Cusco. Vor mir am Horizont tauchen jetzt die ersten größeren Berge auf, teilweise schneebedeckt. Sie zeigen das baldige Ende des Altiplano an. Die Straße knickt nach Westen ab, ich habe viele Kilometer mal richtigen Rückenwind und kann mit 25 km/h die endlose Straße entlangfegen.


peru_rail1Am frühen Nachmittag erreiche ich Santa Rosa, wo sich das letzte Hospedaje vor dem Pass befinden soll. Es ist ein verschlafenes Nest, und merkwürdig ruhig hier! Nach langen hin und her entscheide ich mich doch hier zu bleiben und nicht noch die 29 km zum Pass herauf zu fahren. Die Herberge hat bolivianisches Niveau und ist sehr "basic", kostet aber auch nur 15 Soles (ca. 4 €). In einem Hinterhof mit Hühnern, die immer gerne mit aufs Zimmer wollen liegen die "Apartments", das Bad ist über den Hof. Nach Nachfrage, warum der Strom in meinem Zimmer nicht geht, stellt sich heraus, daß es zur Zeit hier einen Stromausfall in der ganzen Stadt gibt, deswegen ist es so ruhig hier...
 
hinterhof1Ich nutze den langen Nachmittag und montiere den kaputten Ständer vom Rad, ziehe noch ein paar Schrauben nach und reinige die Kette. Anschließend stelle ich fest, das man mit dem schrottreifen Ständer noch prima die Zimmertür sichern kann, diese hat nämlich nur außen ein Bügelschloss und innen nichts.
 
Vorbei die himmlische Ruhe, der Strom ist wieder da! Überall in der Stadt gehen die Musikanlagen an, verrückt diese Leute. Abends frage ich nach "la cena", dem Abendessen. Man schickt mich wieder weg, es wäre noch nicht fertig. zimmer2 Als ich dann nach einer Stunde wieder vorbeikomme, gibt es eine Suppe und als Hauptspeise ein wenig Huhn mit Reis und Kartoffeln. Nahrhaft, schmackhaft und günstig. Jetzt noch ein Bier und ab in den warmen Schlafsack, denn es wird schon wieder erbärmlich kalt draußen.
Heute stand eine lange Etappe über 100 km auf dem Programm. Da ich nun das Altiplano verlassen wollte, um in einigen Tagen das ca. 400 km entfernte Cusco zu erreichen, mußten Kilometer gemacht werden. Auch war das nächste Hospedaje in Pukará angegeben.


punoZunächst aber wird im Hotel Velana noch ausgiebig gefrühstückt, na ja es gibt 2 kleine Fladenbrote mit Marmelade, natürlich Erdbeere (andere Sorten scheint es hier nicht zu geben). Dazu die spezielle Servierart von Kaffee mit Milch. Man bekommt ein Kännchen mit heißer Milch, ein Kännchen mit einer kleinen Menge hochkonzentrierten erhitzten Kaffees, sowie eine Thermoskanne mit heißem Wasser. Damit kann sich jetzt jeder seine Mischung so zusammenschütten, wie er sie mag. Dazu einen Orangen-"Jugo" (Saft) aus eigener Herstellung. Wobei ich da immer vorsichtig war, denn man konnte sich durch den Verzehr von Leitungswasser eine nette Magen-Darm-Geschichte, genannt "Montezumas Rache", zuziehen. Die ortsüblichen Bakterienkulturen sind einfach nichts für unsere verweichlichten europäischen Mägen. Als kleine Vorsichtsmaßnahme habe ich nur verschlossenes Mineralwasser getrunken, auch zum Zähneputzen benutzt, und keine ungeschälten Früchte und ungeschältes, ungekochtes Obst gegessen. So hat mich dann wohl Montezuma verschont.


altiplano_juliacaDie Ausfahrt aus der Stadt gestaltet sich schwierig, da man erst eine Art Pass-Straße, ähnlich wie in La Paz auf die nächste Anhöhe nehmen muß. Doch von oben hat man noch mal einen schönen Ausblick über die Stadt und einen Teil des Titicacasees. Nach kurzer Zeit verliert man die mühsam gewonnene Höhe wieder über eine rasante Abfahrt. Zumindest ist es noch nicht windig und ich rolle schnell über die breite Hauptstraße Richtung Juliaca. Parallel läuft schon die Trasse der Eisenbahn nach Cusco, der extrem teuren "Perurail".


adobe_ziegel Juliaca selber ist groß, ich muß über eine Seitenstraße fahren, da kurz vor der Stadt die Hauptstraße für den Radverkehr geschlossen ist. Nach einer Weile merke ich, daß sich niemand daran hält und wechsle wieder auf die die Hauptstraße. Die Stadt selber ist überflutet von Motorrad-Taxen (kleine 3-rädrige Gefährte mit einer Plastiküberdachung und den üblichen Minibussen. Diese halten durch ihr ständiges Stoppen den Verkehr auf und ich rolle mit dem Verkehr im Zick-Zack durch die Straßen. Größere Städte sind einfach nichts für Tourenfahrer mit Gepäck. Endlich bin ich draußen und es geht wieder schneller voran. Unterwegs sehe ich überall Häuser aus "Adobe"-Ziegeln, das sind luftgetrocknete Lehmziegel, die hier überall verwendet werden. Nach ein paar Jahren sind sie aber durch den Regen abgewaschen, und verkleinern sich zusehens.


endlose_strasse1Über endlose Straßen geht es weiter, nach einer Weile wird der Straßenbelag sehr, sehr puckelig, das Radeln wird mühsam. Dann frischt auch zusätzlich der Wind wieder auf und ich komme nur noch langsam voran. Als ich endlich das Örtchen Pukará erreiche, ist es schon fast dunkel. Eine große blaue Tafel mit der Aufschrift Tourist Information fällt mir sofort ins Auge. Ich halte vor dem Haus und siehe da hier kann man nicht nur übernachten, sondern auch Einkaufen, oder sich von diversen Wehwehchen kurieren lassen, denn der Laden ist auch gleichzeitig eine Apotheke. Eine nette Frau mittleren Alters begrüßt mich, Señora Sonja. Ich bekomme ein Zimmer, sogar mit Bad und lauwarmen Wasser. Nachdem das Rad in den Hinterhof bugsiert wurde, versorge ich mich im Laden erstmal mit Schokoriegeln und einer Flasche Cola, der heutige Tag hat mich geschafft. puckelige_strasseIm Hinterhof haben 3 Nachbarn 5 unterschiedliche Radio- und Fernsehsender laufen und es herrscht ein infernaler Lärm (für nordeuropäische Ohren). Zum Essen schickt man mich auf die andere Straßenseite, es gibt eine Suppe und etwas Reis für umgerechnet 2 Euro, sehr "basic". Ich nehme es gelassen und kaufe mir im "Lädchen" bei Frau Sonja noch ein Bier, Nüsse und ein Tüte Chips, der Abend ist noch lang (es ist erst 19:00 und stockduster). Irgendwann hört der Lärm auf und ich kann einschlafen, doch pünktlich zu Sonnenaufgang um 5:30 rühren sich die ersten Einheimischen und es werden alle ton- und bilderzeugenden Geräte wieder angestellt. Die Señora Sonja lädt mich noch zu einem (kostenfreien) Frühstück mit Kaffee und Fladenbrot ein. (Man, was wünsche ich mir ein Brötchen mit Schinken!) Wahrscheinlich lag es daran, daß ich in ihrem Laden den Abend vorher genügend eingekauft hatte.
kathedraleDa der Bus erst am späten Nachmittag losfährt, nehme ich mir am nächsten Tag noch eine kleine Radtour durch das Nationalreservat Paracas vor. Das Zimmer muß ich zwar räumen, kann jedoch meine Packtaschen noch im Hotel unterstellen. Der Nebel verzieht sich gerade und ich mache mich auf den Weg zum 5 km entfernten Parkeingang. Nach Entrichten der Eintrittsgebühr führt die Straße zwischen Sanddünen hindurch und über ein paar kleine Hügel. Überall ist tiefgelber Sand, man fühlt sich wie in der Wüste. Schließlich erreiche ich das Meer. Hier steht die sogenannte "Kathedrale", ein riesiger vom Meer umspülter Felsdom. Leider ist ein brückenähnliches Teil beim letzten Erdbeben abgebrochen und das Naturschauspiel kann nicht mehr in seiner gesamten Schönheit betrachtet werden. An dem Aussichtspunkt sind auch wieder viele Touristen unterwegs, teilweise organisiert mit Allrad-Geländewagen. Ich nutze die Gelegenheit und lasse mich vor der wildromantischen Kullisse ablichten.
pazifik2pazifik3Der Rundkurs führt mich nun auf einer Sand- und Schotterpiste immer an der Küste entlang. Die Geländewagen kommen nur scheinbar schneller voran und an jedem Aussichtspunkt treffe ich die gleichen Touristen wieder.  An einem schönen Strand kann man bis ans Wasser fahren. Ich genieße die frische, feuchte Seeluft, eine Wohltat nach all den Wochen im trockenen Höhenluftklima. Mit ein paar amerikanischen Touristen komme ich ins Gespräch und tauschen ein paar Erlebnisse aus.  Nach ein paar weiteren schönen Aussichtspunkten fahre ich zurück nach Paracas. Der Besuch in diesem Nationalreservat war durchaus lohnend und eignet sich für einen Halb-Tages-Ausflug.
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la-paz2Am nächsten Tag begann nun der zweite Teil meiner Reise, diesmal als Solofahrer. Nach der 2-wöchigen Eingewöhnungsphase stellte dies aber kein Problem mehr dar. Ich breche also morgens mit dem Ziel Titicacasee auf. Dazu mußte ersteinmal der Talkessel von La Paz verlassen werden, eine gut 15 km lange Straße auf der rund 900 Höhenmeter zu überwinden sind. Belohnt wird man aber mit einem schönen Blick über die Stadt und auf den 6439 m hohen Berggipfel des Illimani. Kaum lasse ich die letzten Häuser von „El Alto“ hinter mir, wird der Gegenwind spürbar. Dieser frischt im Laufe des Tages, meist nach Mittag, ziemlich auf und bereitet mir auf der ansonsten zumeist flachen Strecke große Probleme. Ich komme teilweise nicht mehr über 10 km/h hinaus.

titicaca1Kurz vor Sonnenuntergang erreiche ich den Titicacasee (3810 m.ü.M.) und kehre in einem kleinen Hotel direkt am See ein. Es scheint sich auch um eine Art Bauernhof zu handeln, überall springen Schafe, Hühner und Schweine über den Hof. Ich bin der einzige Gast und werde von der netten Dame mit allem notwendigen versorgt. Ihr kleiner 6-jähriger Junge schaut fasziniert auf mein Rad.

titicaca2Am nächsten Tag ist mein Ziel Copacabana, dazu sind aber noch eine kurze Fährstrecke und zwei 4000er Pässe zu überwinden. Die See-Enge bei Tiquina wird auf kleinen abenteuerlichen anmutenden Holzbooten überwunden, deren Boden aus einfachen Holzplanken besteht. Trotzdem bringen die sehr jungen Fährmänner sogar ganze Reisebusse und LKWs sicher auf die andere Seite. Die zwei Pässe und der starke Gegenwind zwingen mich des öfteren neben mein Rad zum Schieben. Gegen Abend erreiche ich dann endlich Copacabana.

copacabanaDas Städtchen ist ein wichtiger Wallfahrtsort Boliviens, in dessen Basilika die „Virgen Morena“, eine um 1576 von einem Indio aus dunklem Holz geschnitzte Marienfigur mit einer Krone aus purem Gold, steht. Sie wird als Schutzheilige des Titicacasees verehrt. Ich finde ein günstiges Hostal und buche für den nächsten Tag eine Bootsfahrt zur „Isla del Sol“.

copacabana_kircheDoch am Tag darauf frischt der Wind dermaßen stark auf, daß die Boote nicht auslaufen können, stattdessen wandere ich über einen Kreuzweg auf den „Cerro Calvario“, der 3966 m hohe Hausberg von Copacabana. Dort hat man eine schöne Übersicht über die Stadt und den Titicacasee.

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Nach dem Besuch von Machu Picchu, dem Hightlight meiner Reise bleibt eigentlich nur noch das Ziel Lima im Visier. Ich rechne hin und her, wenn ich heute zurück bis Cusco komme und dort noch einen Nachtbus an die Pazifikküste nehmen kann, dann blieben mir noch 2 Tage, welche ich am Meer verbringen könnte. Lima liegt zwar auch am Meer, jedoch ist um diese Jahreszeit die ganze Stadt immer von dunklem grauen Küstennebel eingehüllt und die Sonne nie zu sehen. Also suche ich mir Pisco, ca. 200 km südlich von Lima als Ziel aus.


urubambaNach einem ausgiebigen Frühstück in einem Straßencafé in Ollantaytambo mache ich mich auf den Rückweg nach Cusco. Um nicht den gleichen Weg zu fahren, will ich ab Urubamba die westliche Route über Chinchero nehmen. Auf meiner Karte ist ein Pass mit 3600 m.ü.M. eingezeichnet, Cusco liegt auf 3400 m, also kein großer Höhenunterschied denke ich. Die 20 km bis Urubamba sind kein Problem, ab da zweigt die Straße Richtung Chinchero ab und schwingt sich in Serpentinen aus dem etwa 2800 m.ü.M. liegenden Urubambatal hinauf. Es geht aufwärts und aufwärts und aufwärts, irgendwann zeigt mein Garmin knapp 4000 m.ü.M. an. So habe ich mir das nicht vorgestellt.


urubamba04Aufgrund der Anstrengung vom Vortag komme ich nur langsam voran. Die Landschaft ist wunderschön, überall sind Felder und fruchtbares Ackerland. Hinter Chinchero geht es dann endlich wieder bergab, doch bei jedem Höhenmeter den ich wieder unter 3600 falle, weiß ich, daß ich den wieder raufklettern muß. Und so ist es dann auch, kurz vor Poroy habe ich den Tiefpunkt erreicht und es geht dann noch einmal einige Hundert Höhenmeter hinauf, bevor man dann in steiler Abfahrt nach Cusco herunterfährt.


chincheroDer Tag neigt sich langsam dem Ende zu und es wird schnell dunkel, ich irre durch die Stadt und versuche mich zum Busterminal durchzufragen. Wie immer geben mir die Passanten widersprüchliche Hinweise, doch zum Schluss finde ich den Busbahnhof. Dann geht alles ganz schnell, eine der Buslinien Richtung Lima können mich in Pisco absetzen und nehme mein Rad auch mit. Da sie in Eile sind, wird das komplette 45 kg schwere Rad mit den montierten Radtaschen und Gepäckrollen einfach in den Gepäckraum geschoben. Ich muß schnell noch eine kleine amtliche "Abreisegebühr" bezahlen und darf dann mit dem Abreisestempel in den Bus einsteigen, der dann auch direkt losfährt. Glück muß man haben. Für umgerechnet 35 € bringt mich der Bus in einer abenteuerlichen 880 km weiten und 18 Stunden langen Fahrt nach Pisco. Dabei liegen auf dem 650 km langen Stück durch die Anden vier 4000er Pässe und kein einziges gerades Stück Straße. Mit dem Rad hätte ich dafür bestimmt eine weitere Woche gebraucht.